Ein Hörsturz beschreibt eine Schallempfindlichkeitsstörung im Innenohr, die in der Regel einseitig und plötzlich auftritt. Sie wird auch als Ohrinfarkt bezeichnet und führt je nach Ausprägung zu einem geringen bis kompletten Hörverlust, wobei sich dieser sowohl auf bestimmte als auch auf sämtliche Frequenzen auswirken kann. Grundsätzlich können Menschen jeder Altersgruppe von einem Hörsturz betroffen sein, die Störung tritt jedoch hauptsächlich ab einem Alter von etwa vierzig Jahren auf. Bei Kindern und Jugendlichen wird ein Hörsturz nur sehr selten diagnostiziert. Schätzungen zufolge leiden alleine in Deutschland rund 150.000 Menschen an den Folgen eines Hörsturzes, und jedes Jahr werden mehrere Hundert Neuerkrankungen festgestellt.
Mögliche Auslöser und Ursachen eines Hörsturzes
Die genauen Ursachen dieser Störung geben der Wissenschaft trotz intensiver Forschungsbemühungen immer noch Rätsel auf. Vermutet wird ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die Durchblutungsstörungen im Innenohr verursachen. Diese führen dazu, dass die im Innenohr befindliche Schnecke nicht ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird. Gleichzeitig wird durch die Durchblutungsstörungen der Abtransport von Stoffwechselprodukten behindert. Die Folge ist eine Schädigung der Sinnes- und Haarzellen, die im Hörorgan für die Verarbeitung der Schallwellen verantwortlich sind. Die Betroffenen können die durch Schallwellen einwirkenden Druckschwingungen nicht mehr richtig wahrnehmen, was zu dem für die Erkrankung typischen Hörverlust führt.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass die ursächlich an einem Hörsturz beteiligten Durchblutungsstörungen als Folge unterschiedlicher körperlicher Prozesse ausgelöst werden. Eine wesentliche Rolle dürfte die Einwirkung von Stresshormonen spielen. Eine erhöhte Ausschüttung von Adrenalin kann Anspannungen in der Muskulatur der Halswirbelsäule auslösen, die sich ihrerseits negativ auf die Durchblutung des Innenohrs auswirken. Auf diese Weise kann auch ein Schleudertrauma, das zu Schäden oder Verkrampfungen im Bereich der Halswirbelsäule führt, einen Hörsturz bedingen.
Neben einer verminderten Durchblutung der Schnecke des Innenohrs stehen auch verschiedene Krankheitserreger in Verdacht, die Entstehung eines Hörsturzes zu begünstigen. Virusinfektionen wie Influenza, durch Herpes simplex oder reaktivierte Herpes zoster (Windpocken-) Viren ausgelöste Erkrankungen, Mumps, Masern und HIV werden ebenso als mögliche Auslöser diskutiert wie bakteriell bedingte Entzündungen. Vor allem wiederkehrende Mittelohrentzündungen, Syphilis und Borreliose können einen Hörsturz zur Folge haben. Ein Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen und Leukämie wird ebenfalls vermutet, konnte jedoch bis heute nicht belegt werden.
Faktoren, die das Risiko eines Hörsturzes erhöhen
Menschen mit chronischen Erkrankungen, die eine verminderte Durchblutung verschiedener Organe zur Folge haben, sind einem besonders hohen Risiko ausgesetzt, einen Hörsturz zu erleiden. Neben chronischem Stress und einem hektischen Lebensstil gelten vor allem ein stark erhöhter Cholesterinspiegel, hoher Blutdruck, eine bestehende Arteriosklerose sowie verschiedene Stoffwechselerkrankungen als bedeutende Risikofaktoren.
Menschen mit Übergewicht, Diabetiker und starke Raucher entwickeln besonders häufig einen Hörsturz, wobei der Zusammenhang zwischen der Entstehung der Erkrankung und den hier genannten Risikogruppen bis heute nicht zweifelsfrei bewiesen werden konnte. Da auch erhöhte Druckeinwirkung auf das Innenohr als Ursache der Zellschädigungen in Frage kommt, sind Menschen, die berufsbedingt regelmäßig schwere Lasten tragen müssen, ebenfalls einem erhöhten Risiko ausgesetzt. Der Druck lässt kleinste Verletzungen im runden Fenster des Innenohrs entstehen, durch die Flüssigkeit austritt und die Entstehung einer sogenannten Perilymphfistel verursacht.
Anzeichen und typische Symptome eines Hörsturzes
Viele Menschen nehmen fälschlicherweise an, dass es sich bei einem Hörsturz und bei Tinnitus um dasselbe Krankheitsbild handelt. Tatsächlich sind die Anzeichen ähnlich, allerdings wird der Hörsturz als eigenständige Erkrankung definiert, während es sich bei Tinnitus lediglich um ein Symptom handelt. In vielen Fällen wird ein Hörsturz jedoch von einem Tinnitus begleitet, wobei dieser nicht ursächlich an der Entstehung der Störung beteiligt ist.
Ein Hörsturz entwickelt sich in den meisten Fällen anfallsartig und macht sich zunächst mit einem watteartigen Geräusch bemerkbar. Auch Beschwerden wie Tinnitus oder ein Druckgefühl im Ohr können einen Hörsturz ankündigen, treten jedoch nicht in jedem Fall auf. Charakteristisch für die Erkrankung ist die Tatsache, dass nur ein Ohr betroffen ist, der Patient keinerlei Schmerzen empfindet und sich die Symptome ohne scheinbaren Grund innerhalb eines Tages entwickeln. In schweren Fällen sind Begleitsymptome wie Schwindelgefühle und Gefühlsstörungen am äußeren Ohr möglich. Viele Betroffene stellen zudem fest, dass Stimmen oder Musik plötzlich fremd oder verzerrt klingen. Bei rund einem Viertel der Patienten werden im Rahmen der Untersuchung Herz-Kreislauf-Beschwerden festgestellt. Oft kommt es im weiteren Verlauf der Erkrankung auch zu hormonellen Störungen.
Behandlungsmöglichkeiten bei einem Hörsturz
Ein Hörsturz sollte immer von einem HNO-Arzt behandelt werden, um dauerhafte Gehörschäden zu vermeiden. Es ist zwar möglich, dass ein Hörsturz spontan heilt, allerdings lässt sich dies nie vorhersagen. Die Behandlung zielt darauf ab, im akuten Stadium der Erkrankung die Durchblutung im Innenohr zu fördern. In den meisten Fällen kommen sogenannte Rheologika zum Einsatz, die über einen Zeitraum von mehreren Tagen als Infusionen verabreicht werden. Dabei handelt es sich um durchblutungsfördernde Arzneistoffe, die die Nährstoffversorgung der betroffenen Haarzellen verbessern und gleichzeitig den Abtransport von Entzündungsstoffen anregen. Oft ordnet der behandelnde Arzt neben der Gabe von Rheologika auch eine Therapie mit Kortison an, um Schwellungen vorzubeugen und Entzündungsreaktionen im Innenohr zum Abklingen zu bringen.
Nach einem Schleudertrauma werden im Rahmen einer inotropen Therapie Lokalanästhetika verabreicht, um Blockaden jener Nerven, die an einer Verengung der Blutgefäße im Innenohr ursächlich beteiligt sind, zu lösen. Auch eine Chirotherapie kann die Heilung fördern, indem Verspannungen oder Funktionsstörungen im Bereich der Halswirbelsäule auf sanfte Weise entgegengewirkt wird. Tritt der Hörsturz als Folge einer Infektion auf, wird der Arzt abhängig von den Krankheitserregern eine Behandlung mit Virostatika oder Antibiotika einleiten.
Eine alternative Methode, die sich in der Behandlung eines akuten Hörsturzes ebenso erfolgreich bewährt hat, ist die sogenannte hyperbare Sauerstofftherapie. Dabei halten sich die Patienten in einer Überdruckkammer auf, deren Luft einen hohen Sauerstoffanteil aufweist. Dadurch können die Haarzellen mit Sauerstoff versorgt werden, was die Heilung des geschädigten Gewebes anregt. Da bislang keine ausreichenden klinischen Studien zu dieser Behandlungsmethode existieren, wird die hyperbare Sauerstofftherapie von den Krankenkassen in der Regel nicht übernommen.
In schweren Fällen kann der Arzt eine Blutwäsche-Behandlung vorschlagen. Diese Maßnahme erzielt eine Reinigung des Blutes von blutgerinnungsfördernden Substanzen und verbessert dadurch den Blutfluss im Innenohr. Bei einer lang anhaltenden Hörminderung kommen Hörgeräte zum Einsatz, die die betreffenden Frequenzen verstärken und dadurch den Hörverlust ausgleichen. Auch Störgeräusche und Tinnitus können durch ein Hörgerät ausgeglichen werden – die Patienten nehmen Geräusche wieder verständlich wahr.
Prognose und wichtige Vorbeugungsmaßnahmen
Eine möglichst frühzeitige Behandlung durch einen HNO-Arzt zeigt in den meisten Fällen beachtliche Heilungserfolge. Zwischen sechzig und neunzig Prozent aller Betroffenen erlangen bei rechtzeitiger Therapie ihr volles Hörvermögen zurück und tragen keinerlei langfristige Schäden davon. Die Prognose ist nicht nur bei leichten Verläufen günstig. Auch bei schweren Ausprägungen stehen die Chancen gut, mit einer raschen Behandlung eine gänzliche Heilung zu erzielen. Allerdings liegt das Risiko eines Rückfalls für Menschen, die bereits einen Hörsturz erlitten haben, bei durchschnittlich dreißig Prozent. Insbesondere bei chronischer Stressbelastung, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Bluthochdruck ist das neuerliche Auftreten eines Hörsturzes wahrscheinlich. Daher sollten Betroffene nicht nur bei ersten Anzeichen immer einen Arzt konsultieren, sondern auch gezielte Maßnahmen zum Stressabbau setzen.
Um das Gehör zu schonen, empfiehlt es sich, tagsüber regelmäßige Pausen einzuplanen, um sich dem Alltagslärm für Momente zu entziehen. Kommt eine Stoffwechselerkrankung als Ursache der Störung infrage, kann das Risiko eines Rückfalls durch eine gezielte Behandlung der Grunderkrankung sowie konsequente Änderungen der Ernährungsgewohnheiten zugunsten einer fett- und kohlenhydratreduzierten Kost gesenkt werden. Auch bei Übergewicht ist es unumgänglich, langfristig auf tierische Fette weitgehend zu verzichten und körperliche Bewegung in den Alltag zu integrieren. Experten raten Betroffenen zudem, den Alkoholkonsum drastisch zu reduzieren, weniger Kaffee zu trinken und Nikotin zu meiden. Diese Genussmittel lösen im Körper oxidativen Stress aus, der an der Entstehung eines Hörsturzes in vielen Fällen maßgeblich beteiligt ist.
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